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解放军文职招聘考试Geschichte umschreiben.?

来源: 2017-10-04 20:36

 ?Geschichte umschreiben.?

?Menschen ihrer wahren Geschichte zu berauben ist das Gleiche, wie ihnen einen Teil ihrer Individualit?t zu rauben. Das ist ein Verbrechen.?

Fukaeri dachte eine Weile nach.

?Unser Ged?chtnis besteht aus pers?nlichen und kollektiven Erinnerungen. Beide sind eng miteinander verflochten. Und Geschichte ist so etwas wie ein Teil unseres kollektiven Ged?chtnisses. Wird sie uns gestohlen oder umgeschrieben, k?nnen wir die Pers?nlichkeit, auf die wir Anspruch haben, nicht mehr bewahren.?

?Aber Sie schreiben doch auch um.?

Tengo lachte und nahm einen Schluck Wein. ?Ich habe nur deine Geschichte ein bisschen bearbeitet. Historie umzuschreiben ist eine ganz andere Sache.?

?Aber das Buch über den Gro?en Bruder haben Sie nicht hier?, fragte Fukaeri.

?Leider nein. So kann ich dir nicht daraus vorlesen.?

?Etwas anderes geht auch.?

Tengo ging zum Regal und las die Buchrücken. Die meisten der Bücher hatte er gelesen, aber er besa? auch nicht besonders viele. Er stellte seine Wohnung nicht gern voll. Deshalb brachte er ausgelesene Bücher, von einigen besonderen Exemplaren abgesehen, stets ins Antiquariat. Er bemühte sich, nur welche zu kaufen, die er gleich lesen konnte. Wichtige Bücher las er sorgf?ltig, sodass sie sich ihm einpr?gten. Was er sonst noch brauchte, lieh er sich aus der Stadtteilbibliothek.

Tengo brauchte eine Weile, bis er sich entschieden hatte. Er war es nicht gew?hnt, laut vorzulesen, und konnte deshalb schlecht sagen, welche Art von Buch sich dafür eignete. Nach langem Z?gern nahm er Die Insel Sachalin von Anton Tschechow aus dem Regal. Er hatte es in der vergangenen Woche zu Ende gelesen und die interessantesten Stellen mit Lesezeichen versehen. Das würde ihm helfen, rasch etwas Passendes aufzuschlagen.

Ehe er vorzulesen begann, gab er Fukaeri einige kurze Erkl?rungen. Tschechow war, als er 1890 nach Sachalin aufbrach, erst drei?ig Jahre alt gewesen. Niemand kannte den wahren Grund für den Entschluss des Stadtmenschen Tschechow – er geh?rte zur Generation nach Tolstoi und Dostojewski –, der als hochgesch?tzter aufstrebender junger Autor in der Hauptstadt Moskau ein angenehmes Leben führte, ganz allein zur für damalige Verh?ltnisse am Ende der Welt gelegenen Insel Sachalin aufzubrechen und sich so lange dort aufzuhalten. Sachalin war vor allem als Strafkolonie erschlossen worden und galt jedem normalen

Menschen als Inbegriff von Elend und Unglück. Da zu jener

Zeit die transsibirische Eisenbahn noch nicht existierte, musste Tschechow die gesamte Strecke von 4000 Kilometern durch eisiges Gebiet vornehmlich mit der Pferdekutsche zurücklegen, eine Strapaze, die seine ohnehin nicht gerade robuste Konstitution grausam in Mitleidenschaft zog. Das Buch Die Insel Sachalin, das er über seine achtmonatige Reise in den entlegenen Osten schrieb, verwunderte die meisten seiner Leser. Man merkt ihm keine literarischen Ambitionen an, es gleicht eher einer Reportage oder einer topographischen Schilderung.

Es wurde getuschelt und spekuliert, warum Tschechow in einer Zeit, die für ihn als Autor so wichtig war, ?etwas so Sinnloses? unternommen habe. Einige Kritiker warfen ihm ?Gro?mannssucht? vor. Oder vertraten die Ansicht, er k?nne nicht mehr schreiben und habe nun ?Material? gesucht. Tengo zeigte Fukaeri die zu dem Buch geh?rende Landkarte und erkl?rte ihr die Lage von Sachalin.

?Warum ist Tschechow nach Sachalin gefahren?, fragte Fukaeri.

?Du meinst, was ich darüber denke??

?Ja. Haben Sie das Buch gelesen.?

?Ja.?

?Was dachten Sie.?

?Dass Tschechow den wahren Grund für seine Reise vielleicht selbst nicht kannte?, antwortete Tengo. ?Oder er wollte einfach mal hin. Wurde von dem unwiderstehlichen Drang ergriffen, dorthin zu fahren, als er sich die Form der Insel Sachalin auf der Landkarte anschaute oder so. Ich habe so etwas selbst schon erlebt. Bei manchen Orten bekommt man das Gefühl, ?Da muss ich unbedingt hin?, wenn man sie auf der Karte sieht. Und aus irgendeinem Grund sind sie meistens weit weg und schwer zu erreichen. Jedenfalls kann man es dann nicht mehr aushalten, ohne zu wissen, wie die Landschaft dort aussieht und was dort passiert. So was ist quasi wie Masern, es kommt und geht. Eine Art Neugierde im reinsten Sinne. Eine Eingebung, für die es keine Erkl?rung gibt. Allerdings war damals eine Reise von Moskau nach Sachalin eine kaum vorstellbare Tortur, daher war Neugier für Tschechow sicher nicht der einzige Grund.?

?Welchen gab es noch??

?Tschechow war nicht nur Schriftsteller, er war auch Arzt. Vielleicht wollte er als Wissenschaftler die entlegenen

Landesteile des riesigen russischen Reiches mit eigenen

Augen erforschen. Au?erdem bereitete es ihm wohl Unbehagen, ein beliebter Autor in Hauptstadtkreisen zu sein. Die Moskauer Literaten langweilten ihn, und er konnte sich nicht an die affektierten Literaturzirkel gew?hnen. Das Gift und die Bosheit der Kritiker erregten nichts als Widerwillen in ihm. So diente ihm die Reise nach Sachalin unter Umst?nden als eine Art Pilgerschaft, um sich von diesem literarischen Unrat reinzuwaschen. Die Insel wirkte in vieler Hinsicht überw?ltigend auf ihn. Vielleicht hat Tschechow seine Reise deshalb nicht belletristisch verarbeitet. Sie war keine oberfl?chliche Angelegenheit, die ihm einfach Stoff für einen Roman lieferte. Vielleicht hatte Sachalin ihn sozusagen infiziert und war so zu einem Teil seiner selbst geworden. Oder das, was er dort fand, war genau das, was er gesucht hatte.? ?Ist das Buch interessant?, fragte Fukaeri.

?Ich fand es interessant. Es ist sehr sachlich, Tschechow listet eine Menge Zahlen und Statistiken darin auf, und es hat, wie gesagt, so gut wie keinen literarischen Charakter. Tschechows naturwissenschaftliches Interesse überwiegt.

Au?erdem kann man auch so etwas wie eine aufrechte

Entschlossenheit darin erkennen. Die in die nüchternen

Berichte eingefügten Beobachtungen der Menschen, denen er hier und da begegnete, und seine

Landschaftsbeschreibungen sind sehr eindrucksvoll. Als eine Dokumentation, die fast ausschlie?lich Fakten aneinanderreiht, ist das Buch auf alle F?lle nicht schlecht. Einige Stellen sind sogar gro?artig. Zum Beispiel der Teil über die Giljaken.?

?Giljaken?, sagte Fukaeri.

?Die Giljaken sind die Ureinwohner von Sachalin, die lange bevor die Russen die Insel kolonisierten dort lebten. Ursprünglich bewohnten sie den Süden, scheinen aber von Ainu, die aus Hokkaido kamen, verdr?ngt worden zu sein und siedelten sich dann in der Mitte der Insel an. Die Ainu ihrerseits waren von den Japanern aus Hokkaido verdr?ngt worden. Tschechow besch?ftigte sich sehr eingehend mit der Alltagskultur der Giljaken, die durch die Russisierung von Sachalin rapide verlorenging, und bemühte sich, zumindest einige ihrer Aspekte schriftlich festzuhalten.?

Tengo schlug den Abschnitt über die Giljaken auf und las. Damit seine Zuh?rerin ihm leichter folgen konnte, ?nderte und kürzte er einige S?tze entsprechend.

?Die Giljaken sind von kr?ftiger untersetzter Gestalt; sie sind von mittlerem, sogar kleinem Wuchs. Ein h?herer Wuchs h?tte sie in der Taiga nur behindert. Ihre Knochen sind stark und zeichnen sich durch kr?ftige entwickelte Forts?tze, K?mme und Knoten aus, an denen die Muskeln befestigt sind. All das l?sst auf feste, starke Muskeln und einen st?ndigen angestrengten Kampf mit der Natur schlie?en. Ihr K?rper ist mager, sehnig ohne Fettpolster; man sieht keine runden und dicken Giljaken. Offenbar wird das ganze Fett für die Erzeugung von W?rme verbraucht, um die Verluste zu ersetzen, die der K?rper der Sachaliner durch die niedrigen Temperaturen und die überm??ige Luftfeuchtigkeit erleidet. In Anbetracht dessen kann man verstehen, warum die Giljaken so viel Fett in ihrer Nahrung brauchen. Sie essen fettes Robbenfleisch, Lachs, St?r- und Walfett und Fleisch mit Blut, das alles in gro?en Mengen, in rohem, getrocknetem und oft in gefrorenem Zustand, und weil sie grobe Kost essen, sind bei ihnen die Stellen, wo die Kaumuskeln befestigt sind, au?erordentlich entwickelt und alle Z?hne stark abgenutzt. Die Kost ist ausschlie?lich tierisch, und selten, nur wenn zu Hause gegessen wird oder bei einem kleinen Gelage, werden mandschurischer Knoblauch und Beeren hinzugefügt. Nach dem Zeugnis von

Nevelskoj halten die Giljaken den Ackerbau für eine gro?e Sünde; wer den Boden umzugraben beginnt und etwas anpflanzt, der muss unbedingt sterben. Aber das Brot, mit dem sie von den Russen bekannt gemacht wurden, essen sie mit gro?em Vergnügen wie einen Leckerbissen. Und inzwischen ist es nicht selten, dass man in Alexandrovsk und Rykovskoe einen Giljaken antrifft, der ein gro?es rundes Brot unter dem Arm tr?gt.?

Tengo machte eine Lesepause und holte Luft. Fukaeri h?rte wie erstarrt zu, und ihre Miene zeigte keinerlei Regung.

?Soll ich weiterlesen? Oder wollen wir ein anderes Buch nehmen??, fragte er.

?Ich m?chte mehr über die Giljaken wissen.?

?Dann lese ich weiter.?

?Kann ich ins Bett?, fragte Fukaeri.

?Ja, klar?, sagte Tengo.

Also zogen die beiden ins Schlafzimmer um. Fukaeri legte sich ins Bett, Tengo zog sich einen Stuhl heran und fuhr fort zu lesen.

?Die Giljaken waschen sich niemals, sodass es sogar den Ethnographen schwerf?llt, die richtige Farbe ihrer Gesichter zu bestimmen. Die W?sche wird nicht gewaschen, und ihre Pelzkleidung und das Schuhwerk sehen aus, als seien sie einem toten Hund abgezogen worden. Die Giljaken selbst verbreiten einen schweren, herben Geruch, und die N?he ihrer Behausungen erkennt man an einem ekelhaften Gestank nach getrocknetem Fisch und Fischabf?llen, der manchmal nicht zu ertragen ist. Neben jeder Jurte steht gew?hnlich eine Trockenkammer, die bis oben mit halbierten Fischen gefüllt ist, die von weitem, besonders wenn sie von der Sonne bestrahlt werden, Korallenketten ?hnlich sehen. Neben diesen Kammern sah Krusenstern eine Menge kleiner Würmer, die drei Zentimeter hoch die Erde bedeckten.? 

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