解放军文职招聘考试Seine Geburt kann man
Aomame
Seine Geburt kann man sich nicht aussuchen, seinen Tod schon
Als an diesem Abend Ende Juli die dicke Wolkenschicht endlich den Himmel freigab, waren die beiden Monde deutlich zu sehen. Aomame betrachtete sie von ihrem kleinen Balkon aus. Am liebsten h?tte sie sofort jemanden angerufen und ihm davon erz?hlt. ?Schau doch mal kurz aus dem Fenster und sieh dir den Himmel an. Und? Wie viele Monde siehst du? Von hier aus sind es ganz eindeutig zwei. Und bei dir??
Aber Aomame hatte niemanden, den sie anrufen konnte. Ayumi w?re vielleicht in Frage gekommen, doch sie wollte ihre Beziehung nicht vertiefen. Die Frau war Polizistin, und Aomame würde in nicht allzu ferner Zukunft einen weiteren Mann t?ten, ihr Gesicht und ihren Namen ?ndern, in eine andere Gegend ziehen und nicht mehr existieren. Selbstverst?ndlich würde sie Ayumi nie wiedersehen. Nie mehr würde sie Verbindung zu ihr aufnehmen k?nnen. H?tten sie einmal Freundschaft geschlossen, w?re dieses Band schwer zu durchtrennen.
Aomame ging in die Wohnung zurück, schloss die Glastür und schaltete die Klimaanlage ein. Sie zog die Vorh?nge zu und schuf so eine Barriere zwischen sich und den Monden. Sie st?rten nicht nur ihr seelisches Gleichgewicht, sie ver?nderten auch die Erdanziehungskraft und beeinflussten dadurch die Vorg?nge in ihrem eigenen K?rper. Ihre Periode lag noch vor ihr, aber ihr K?rper fühlte sich seltsam matt und schwer an. Ihre Haut war trocken, und ihr Puls schlug in einem unnatürlichen Rhythmus. Aomame wollte nicht mehr über die Monde nachdenken. Auch wenn sie etwas waren, über das sie nachdenken musste.
Um ihre Mattheit zu bek?mpfen, machte Aomame Dehnübungen auf dem Teppich. Sie nahm sich die Muskeln vor, die sie im Alltag kaum benutzte, und trainierte sie ausgiebig. Die Muskeln stie?en stumme Schreie aus, und der Schwei? floss in Str?men. Aomame hatte ein eigenes Stretching-Programm entwickelt, an dem sie t?glich arbeitete, bis es so extrem und effizient war, dass es am Ende nur noch für sie selbst geeignet war. In ihren Kursen im Fitnessclub konnte sie so etwas nicht verwenden. Normale Menschen h?tten diese Anstrengung und die damit verbundenen Schmerzen gar nicht ertragen. Sogar die meisten anderen Trainer st?hnten dabei.
W?hrend Aomame ihre übungen absolvierte, h?rte sie die Platte mit Janá?eks Sinfonietta, gespielt unter der Leitung von George Szell. Das Stück endete nach ungef?hr fünfundzwanzig Minuten. Es war weder zu kurz noch zu lang, und die Zeit reichte genau aus, um ihre Muskulatur einmal richtig durch die Mangel zu drehen. Als der Tonarm automatisch wieder an seine ursprüngliche Stelle zurückgekehrt und der Plattenteller zum Stehen gekommen war, fühlte Aomame sich geistig und k?rperlich wie ein bis auf den letzten Tropfen ausgewrungener Waschlappen.
Inzwischen kannte sie die Sinfonietta in- und auswendig. Immer wenn sie ihre Muskulatur zu dieser Musik bis an ihre Grenzen dehnte, empfand sie einen seltsamen Frieden. Sie folterte und wurde gefoltert. Sie bezwang und wurde bezwungen. Diese nach innen gerichtete Selbstvervollkommnung war genau das, was Aomame brauchte, um sich zu beruhigen. Die Sinfonietta war zur perfekten Hintergrundmusik für ihre übungen geworden.
Gegen zehn Uhr abends klingelte das Telefon. Als Aomame den H?rer abhob, ert?nte Tamarus Stimme.
?Wie sieht es morgen bei dir aus??, fragte er.
?Um halb sieben habe ich Schluss.?
?Kannst du danach herkommen??
?Ja.?
?Gut?, sagte Tamaru. Es war zu h?ren, wie er etwas in den Terminkalender schrieb.
?Hast du einen neuen Hund gekauft??, fragte Aomame.
?Ja, wieder eine Sch?ferhündin. Ich kenne sie noch nicht ganz genau, aber sie ist sehr gut abgerichtet und gehorcht aufs Wort. Die Frauen fühlen sich wieder sicherer, seit sie da ist.?
?Da bin ich froh.?
?Au?erdem ist sie auch mit gew?hnlichem Hundefutter zufrieden. Sie macht gar keine Umst?nde.?
?Normalerweise fressen Sch?ferhunde ja auch keinen Spinat.?
?Bun war wirklich seltsam. Je nach Jahreszeit war das mit dem Spinat auch ganz sch?n teuer?, beklagte Tamaru sich wehmütig. Nach ein paar Sekunden wechselte er das Thema. ?Der Mond ist heute sehr sch?n.?
Aomame verzog leicht das Gesicht. ?Wieso redest du pl?tzlich vom Mond??
?Selbst ich spreche eben bisweilen über den Mond.?
?Natürlich?, sagte Aomame. Aber du bist nicht der Typ, der am Telefon grundlos von der Sch?nheit der Natur schw?rmt, fügte sie in Gedanken hinzu.
Tamaru z?gerte kurz. ?Du hast mich letztes Mal nach dem Mond gefragt?, sagte er dann. ?Erinnerst du dich? Seither geht er mir nicht mehr aus dem Kopf. Und als ich dann neulich – in einer klaren wolkenlosen Nacht – zum Himmel sah, habe ich den Anblick sehr genossen.?
Aomame war drauf und dran zu fragen, wie viele Monde es denn gewesen seien. Aber sie hielt sich zurück. Es war zu gef?hrlich. Beim letzten Mal hatte Tamaru ihr viel von sich erz?hlt. Dass er als Waise aufgewachsen war und nicht einmal wusste, wie seine Eltern aussahen. Auch seine ursprüngliche Nationalit?t hatte er ihr verraten. Noch nie hatte er sich so lange mit ihr unterhalten. Dabei war er ein Mann, der kaum je etwas von sich preisgab. Offenbar hatte er sich Aomame anvertraut, weil er sie sympathisch fand. Andererseits war er Profi und darauf gedrillt, seine Ziele auf kürzestem Weg zu erreichen. Es war sicherer, nicht unn?tig etwas auszuplaudern.
?Ich komme nach der Arbeit vorbei, so gegen sieben?, sagte sie.
?Gut?, sagte Tamaru. ?Du hast bestimmt Hunger. Der Koch hat morgen frei, es gibt also kein richtiges Essen, aber wenn du m?chtest, kann ich ein paar Sandwiches für dich vorbereiten.?
?Danke, das w?re nett?, sagte Aomame.
?Wir brauchen auch deinen Führerschein, deinen Pass und die Karte deiner Krankenversicherung. Bitte bring morgen alles mit. Dann h?tte ich gern noch einen
Nachschlüssel zu deiner Wohnung. Geht das??
?Klar.?
?Und noch eins. Wegen der Sache von neulich m?chte ich unter vier Augen mit dir sprechen. Nimm dir nach dem
Gespr?ch mit Madame bitte noch etwas Zeit.?
?Wegen welcher Sache denn??
Tamaru schwieg einen Moment. Sein Schweigen wog schwer wie ein Sandsack. ?Du wolltest etwas Bestimmtes von mir. Schon vergessen??
?Natürlich nicht?, erwiderte Aomame hastig. Sie war mit ihren Gedanken beim Mond gewesen.
?Morgen um sieben?, sagte Tamaru und legte auf.
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